Drohen uns demnächst die Wutpatienten?

Warum gerade jetzt die kritische Phase in der Kommunikation beginnt.

In der Krisenkommunikation ist das jetzt die kritische Phase: Die Gefahr scheint gedämmt. Alles ist so weit gut gegangen. Aufatmen. Der Wunsch nach Normalität. Wie schaffe ich in so einer Situation trotzdem zu vermitteln, dass wir uns noch immer im Zustand erhöhter Alarmbereitschaft befinden?

Im Medizinbereich schlägt das Toleranz-Pendel der Menschen soeben zurück: Wochenlang haben Angehörige erduldet, ihre Liebsten in den Krankenhäusern nicht besuchen zu dürfen; sind Patienten aus Angst, sich mit COVID-19 anzustecken, nicht zum Arzt gegangen; mussten Patienten ihre Rehabilitation abrupt abbrechen oder verschieben; haben wir alle gelernt, den Baby-Elefanten als fiktives Maßband zu verwenden; und haben akzeptiert, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes zu unserem Alltag in Zeiten von Erlässen gehört.

Patienten klagen an. Und nun? Gerade scheinen diejenigen Rückenwind zu bekommen, die behaupten, dass man all die Maßnahmen „ja überhaupt nicht gebraucht hätte“. Häufen sich die Beschwerden und Klagen von Patienten, die kritisieren, dass sie wegen des Coronavirus in den Ordinationen wie auch Spitälern nicht behandelt wurden und sich ihr Zustand dadurch verschlechtert habe.
Die Wut geht um. Ich vermute, dass wir demnächst in unseren Gesundheits-Einrichtungen noch mehr emotionale Patienten erleben werden als sonst. 
In der ersten Phase der Corona-Angst wurden die verordneten Maßnahmen nicht hinterfragt. Jetzt, wo wir quasi noch im „Tal der Tränen“ (Kübler-Ross) sind, darf gezweifelt werden. Jetzt haben wir es mit der Emotion Wut zu tun. Damit steigt der Kommunikationsbedarf rasant.
Hier die Patienten. Dort die vermeintlichen „Vollstrecker“ der COVID-19 Schutzmaßnahmen. Dass es sich hierbei allesamt um Personen handelt, die ihren Job aus Leidenschaft gewählt haben, um Menschen gesundheitlich zu helfen und diese zu unterstützen, ist schwer zu vermitteln, wenn Kommunikation mit Schutzmaske, Gesichtsvisier und hinter Plexiglas zu erfolgen hat.
Vertrauen schaffen als Gegenmittel. Was also tun? Vertrauen schaffen ist jetzt das oberste Gebot der Stunde. Wie schaffe ich Vertrauen? Mit guter Kommunikation, die die Wut der Patienten ernst nimmt und mit Worten deeskaliert. Wir wissen aus der Emotionalen Intelligenz, dass hinter Wut das Gefühl steht, ungerecht behandelt worden zu sein. Gut gewählte Worte können kleine Wunder bewirken. Und diese brauchen wir gerade in Zeiten von Corona so sehr. Vor allem im Gesundheitsbereich.

 

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Britta Blumencron